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Wie nimmt uns das befreundete Deutschland wahr?

Wir überlassen es den Historikern, welche Spuren die Türken in Kontinentaleuropa seit fünf Jahrhunderten zurückgelassen und welche Vorstellungen sich in ihren Köpfen abgespielt haben. Wir werden versuchen zu erklären, wie wir in einem Land wie Deutschland, indem wir vorrangig auf unsere Erfahrungen zurückgreifen, die wir seit vierzig Jahren erlebt und gesehen haben, wahrgenommen werden. Als ich die Assoziation der Türken in der deutschen Geisteswelt, welche die ersten als Arbeiter angekommenen Türken mit Feierlichkeiten begrüßte, mit der Intervention der Türkei in Zypern von 1974 in der Bildzeitung die darüber eine Schlagzeile brachte sah, erschrak ich. In der Kopfzeile, welche die Zeitung in Großdruck herausbrachte stand, wenn ich mich nicht irre: „Die blutigen Türken kommen“.

In den 1980er Jahren hatte der damalige Kanzler Helmut Kohl mit der „Rückkehrprämie“, welche die Türken ermutigen sollte Deutschland zu verlassen, einen Plan dessen Ziel es sein sollte die Anzahl der Türken in Deutschland zu halbieren. In einem geheimen Treffen mit seiner Kollegin Margaret Thatcher machte Helmut Kohl diese seine Absicht deutlich indem er sagte: „Deutschland hat keine Probleme mit den Portugiesen oder den Italienern, aber die Türken kommen aus einer ganz unterschiedlichen Kultur…“ Nachdem mittlerweile dreißig Jahre vergangen sind, können diese Erklärungen die von dem Britischen Nationalarchiv freigegeben wurden, als Worte die nicht für andere bestimmt waren, bewertet werden. Allerdings war die Absicht des Helmut Kohl seinen politischen Plan mit der Öffentlichkeit zu teilen für Leute wie uns keine Überraschung…Unsere Wahrnehmung zu dieser Zeit war richtig: Der Kanzler Helmut Kohl wollte Deutschland so weit wie möglich von den Türken reinigen.

Im Laufe der vergangenen Jahre fühlten auch die aus Griechenland, Spanien, Italien und sogar die aus Jugoslawien kommenden Ausländer, dass Deutschland, so wie Helmut Kohl es gesagt hatte, kein großes Problem mit ihnen hatte, sondern dass mit dem „problematischen“ Auftreten der türkischen Arbeiter hier jeder Türke von ihrem Knochenmark saugen würde. Seit diesen Jahren bis jetzt ist einer der Faktoren der bei der überwiegenden Mehrheit der Deutschen für ein fortgesetztes „Anti-Türken“ Verhalten führt, dass wir den größten ausländischen Anteil darstellen. Wir dürfen auch nicht übersehen, dass wir nicht immer unsere nationalen Werte in angemessener Weise vertreten haben, was zu sehr großen (negativen) Auswirkungen führte. Auf der anderen Seite darf man auch nicht vergessen, dass Deutschland wegen den Militärputschen vom „12. März 1970“ und danach in einer noch weiterführenden Form vom „12. September 1980“ die aus ihrer Heimat flüchtenden Türken ohne zu fragen ob sie rechts, links oder islamistisch sind, als politische Flüchtlinge aufgenommen hat.

Türkische Rechte, Deutsche Linke

Es ist eine dokumentierte Wahrheit dass es zwischen dem Christdemokraten Helmut Kohl und dem Sozialdemokraten Helmut Schmidt bei dem Thema Türken und Türkei keine große Meinungsverschiedenheit und keine Wahrnehmung gab. Wieder tendiert der türkische konservative Rechte wie auch der liberale Linke am meisten zu den deutschen Sozialdemokraten.

Zu Zeiten des kalten Krieges wurden Begriffe wie „Rechte“ und „Linke“ als ausreichend angesehen, um die politische oder ideologische Ausrichtung der Leute zu kategorisieren. In der heutigen globalisierten Welt ist derjenige, der anstelle der Ideologie die Religion oder die auf Religion basierende Zivilisation als Mentalität angenommen hat, der „Rechtskonservative“ von gestern. Den Platz der Türken haben nunmehr die „religiösen Türken“ und den Platz der „linken Türken“ haben die „liberal-säkularen Türken“ eingenommen. Es herrscht die Wahrnehmung vor, dass die religiösen Türken sagen „Die Deutschen mögen uns sowieso nicht, weil wir Muslime sind“, demgegenüber sagen die Deutschen, dass die religiösen Türken Absichten wie die Islamisierung Deutschlands haben.

Abwegigkeiten die unsere Laune verderben

Für einen Teil der Türken ist das Übertragen der im Namen der Religion, der Sitte und der Tradition gemachten Fehler und Missstände in die westliche Öffentlichkeit für das eigene Volk nützlich, für einen anderen Teil der Türken sind die Verunglimpfung dieser Werte, das unmoderne Verhalten, die Verallgemeinerung der Ausnahmen und darüber hinaus die Absichten in der westlichen Öffentlichkeit belohnt zu werden, Verrat am Volk.

Deutschland und die anderen westlichen Länder bekommen dank der Vermittlung durch die Publikationsorgane manchmal richtige und manchmal falsche und lückenhafte Informationen über die Störungen im politischen und sozialen Gefüge der Türkei, seiner Beschädigungen und Paradoxa und über die Kunst, die Literatur und die anderen Media. Unabhängig von der politischen/ideologischen Auffassung hat sich bei den Türken in Deutschland/Europa als Folge der Erfahrung der Ereignisse die sie seit zehn Jahren manchmal erlebt und erfahren haben folgende Überzeugung gebildet: Auf dem Niveau das den Weststaatlern gefällt, werden sie euch ohne die Türken zu beschimpfen, ohne ihre religiösen Überzeugungen mit Verachtung zu überschütten und ohne ihre Sitten und Gebräuche herabzusetzen, nicht applaudieren und euch auch keinen Orden verleihen! Als wir wenigstens sahen auf welche Art und Weise die Themen über die Türken/den Islam/ die Muslime in den Büchern in den Schaufenstern der Buchhändler und die Möglichkeiten die den türkischen/muslimischen Autoren dieser Bücher zugestanden wurden in den Vordergrund gerückt wurden, stellte sich der Eindruck der in uns erwachte parallel zu obiger allgemeinen Überzeugung dar.

Wie in den anderen europäischen Ländern entsteht unter solchen Umständen auch in der deutschen Öffentlichkeit ein negatives Bilde der Türkei/der Türken/der Muslime. Gegenüber der europäischen Sichtweise die nur die leere Seite des Glases sieht, könnte auf den Türken der die objektivste Evaluierung vornehmen möchte, der aber noch nicht mal möchte, dass Deutschland unserer engster Freund und Verbündeter unsere „volle“ Seite sieht, eine andere Art von Überzeugung noch schwerer drücken. Dieses Mal verderben falsche Lenkungen, unvollständige Informationen, die Annahme von gegenseitigen Verhaltensweisen mit der Förderung von Vorurteilen und die nicht mit den Wahrheiten übereinstimmende türkisch-deutsche Beziehung unsere Laune.

Noch mehr islamische Dinge im Westen…

Wie sehr auch die Türken bei den Europäern als unbeliebtes Element angesehen werden (İlber Ortaylı, In der Spur der Geschichte); es ist weder überzeugend noch nützlich den erfolgten (berechtigten) Kritiken eine sentimentale Reaktion entgegenzusetzen ohne unsere Hausaufgaben richtig zu machen und ohne unsere Unaufrichtigkeiten zu korrigieren. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass wir uns auf dem Boden einer europäischen Kultur befinden die ihre eigenen Tabus zerstört hat, ihren Heiligtümern den Krieg erklärt hat und mit ihrem Gott auf Kriegsfuß steht. In dem Spiegel den uns der Westen vorhält, müssen wir neben den Phobien und Vorurteilen auch unsere Falschheiten, Unvollständigkeiten und Hässlichkeiten die von uns selbst herrühren, sehen…Als Mehmet Akif von Deutschland zurückkehrte, gab er denjenigen die ihn nach seinen Erfahrungen fragten eine ähnliche Antwort wie Cemalettin Afghani der sagte: „Wo immer ich im Westen hingegangen bin, habe ich den Islam gesehen, aber keinen Muslim. Wo immer ich im Osten hingegangen bin habe ich Muslime gesehen, aber überhaupt keinen Islam.“ Darüber hinaus möchte ich nochmals hier für das Wort des Enkels Prof. Tarik Ramadan des Gründers der Muslimbruderschaft in Ägypten Hassan al-Banna: „Viele Dinge in Europa sind islamischer als in muslimischen Ländern,“ um Ihre Aufmerksamkeit bitten.

Die Logik der Angstkultur…

In den Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union die sich um die Geschichte mit der Schlange drehen, hat ein großer Teil der Türken Angst dass die Türkei in der christlichen EU von einer kulturellen Erosion betroffen ist, außerdem gibt es die Wahrnehmung dass wir, weil wir Muslime sind, ausgeschlossen werden. In dem von Deutschland angeführten Block wird argumentiert dass die christlich-westliche Kultur dominant ist und dass für die muslimische Türkei kein Platz in der EU ist. Die aus den Tiefen der Geschichte kommende Phobie gegen die Muslime/Türken bei den einheimischen Völkern, und die zusätzlichen anti-islamischen Kampagnen die gegen die muslimischen Einwanderer durchgeführt wurden, können wenn man aus dem deutschen Blickwinkel auf die öffentlichen Umfragen schaut eine verständliche Konstellation sein weshalb das Maß der Antipathie gegen die Türken dermaßen hoch ist. Aber wenn man aus dem Blickwinkel der Türken, die erschossen und einzeln als Ziel ausgewählt wurden auf Orte wie Solingen und Mölln die angezündet wurden und auf die Serienmorde der neonazistischen Untergrundterrororganisation NSU schaut, muss diese Kultur der Angst einen Hintergrund haben und jemand muss die Logik dessen erklären.

Im Auge des Europäers bedeutet Türke Islam und Islam bedeutet Türke und an dieser Wahrnehmung hat sich bis heute fast nichts geändert. Auch die Feststellung des İlber Ortaylı: „Die Türkei bedeutet bereits den Islam mitten in Europa (Europa und Wir)“ bestätigt uns in der Natur. Auch die Feststellung von Franco Cordini: „(….) Die gesamte Geschichte Europas als die Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Islam zu betrachten. (Europa und der Islam)“ und die Beurteilung von Cemil Meriç in Form von: „Wenn ihr die Kriege mit den Türken aus der europäischen Geschichte entfernen würde, bliebe nichts zurück“, weisen ab heute auf den klobigen und schweren geschichtlichen Hintergrund in den türkischen-europäischen Beziehungen hin.

Wie geht’s Osama?

Als ich mich an einem Tag des diesjährigen Karnevals der voll von Leben war vor der Menschenmenge in das Bahnhofsgebäude von Köln flüchtete und direkt zu dem Bahnsteig, an dem ich in den Zug steigen wollte ging und eine fröhliche Gruppe von Mädchen und Jungen mit bunten Karnevalskostümen, bemalten Gesichtern und Bierflaschen in ihren Händen an mir vorbeizog, grüßten sie auch mich so wie die anderen Umherstehenden mit dem Karnevalsruf. Als die Gruppe einen oder zwei Schritte vor mir vorbeizog, musste einer der Jugendlichen bemerkt haben, dass ich ein „Schwarzkopf“ bin oder nicht wie ein Deutscher aussah, er drehte seinen Kopf zu mir und sah mir aufmerksam ins Gesicht, dann sagte er mit einer leichten Trunkenheit durch den Alkohol aber in einem sarkastischen und herabsetzenden Ton: „Wie geht’s Osama?“ Das ging mir tagelang im Kopf herum. Wenn dieser deutsche Karnevalist einen klaren Kopf gehabt hätte, hätte er mich nicht auf diese Art und Weise offen herabgewürdigt. Die Medien porträtieren den Islam und den Terroristenführer Osama bin Laden an der gleichen Stelle und wenn man beide im gleichen Satz erwähnt, identifiziert der Deutsche auf der Straße mich den seit vierzig Jahren in diesem Land lebenden Türken mit dem Terroristen dessen Bild er im Fernsehen gesehen hat. Wenn ich mich nach dieser Stunde heftig dagegen verwahrt hätte, hätte dies überhaupt keinen Sinn gehabt. Weil er schon längst entschieden hatte was ich bin und mein Stift wäre nun zerbrochen.

Mensch oder Islamist

Das besondere Augenmerk der deutschen Medien zu den Ereignissen im „Gezi Park“ welches wir seit vierzig Jahren nicht gesehen hatten, wurde von einigen Teilen der europäischen Türken mit Applaus bedacht, von einigen anderen ausgebuht und von einigen wurden andere Gründe für dieses übertriebene Interesse gesucht. Vor gar nicht langer Zeit fand der Militärputsch in Ägypten statt und hunderte von Menschen starben. Wie in den anderen westlichen Ländern drucksen sich auch in Deutschland die Medien und die Politiker tatenlos herum. Auf der einen Seite stellen der Türke auf den Straßen in Deutschland, die Medien dieses Landes und die Öffentlichkeit die Betrachtung der Ereignisse die durch das Fällen der Bäume in der Türkei ausbrachen, und auf der anderen Seite die Ereignisse in Ägypten die durch den Sturz der vom Volk gewählten Regierung ausbrachen, bei denen hunderte von Menschen durch die Kugeln der Militärjunta ihr Leben verloren und den Preis dafür bezahlten in Frage und wiegen sie mit der Waage der Aufrichtigkeit auf. Bei all den Nachrichten aus Ägypten durch die deutschen Medien wurden Ausdrücke wie „so viel Islamisten sind tot, so viele wurden verletzt“, bevorzugt; da stellt sich doch die Frage: „Handelt es sich bei denjenigen die in Ägypten gestorben sind um Menschen oder um Islamisten?“

Türkophobie

Gemäß den Angaben der Zeitung sagte Deutschlands bekanntester Migrationsexperte Klaus Jürgen Bade: „Die Tatsache, dass die Türken in Deutschland als Feinde angesehen werden, wird eine lange Zukunft haben.“ Danach antwortete er auf die Frage: „Warum schauen viele Menschen in Deutschland mit feindlichem Auge auf die Türken?“ „Für viele Menschen werden die Türken von Anfang an als Beginn der Entfremdung angesehen.“ Er sagt weiterhin: „Viele Politiker haben mit populistischen Reden in Diskursen über Türkophobie einen Platz in der vordersten Reihe eingenommen“ (Sabah Gazetesi/Avrupa, 23.08.2013. Die Tatsache dass die Türken innerhalb vieler Ausländer wie Italiener, Portugiesen, Spanier und Griechen einer anderen ausländischen Behandlung unterzogen werden, können wir nur wegen ihrer Herkunft aus einem anderen Kulturkreis erklären. Früher waren an den Wänden in den Städten in Deutschland ideologische Slogans wie „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“ zu finden. Heute haben ihren Platz Slogans wie „Ausländer raus!“ oder „Türken raus!“ gegen die Arbeiter die aus verschiedenen Orten der Welt kommen, eingenommen.

Auf die Frage „wie nimmt uns das befreundete Deutschland wahr“, könntet ihr auch mit der Gegenfrage antworten „Was sagt ihr wer wir sind?“ Deutschland wird immer aus seinem Blickwinkel, der sich im Endeffekt von West bis Ost nicht ändert, auch wenn verschiedene Ansätze vorgeführt werden, auf unsere Rechten und Linken, auf unsere Türken und Kurden, auf unsere Atatürk-Anhänger und Islamisten schauen: Es sind alles Türken!


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